Statement: Entscheidungsverfahren Hafermarkt


In unserem ersten Statement nach der Entscheidung im „Interessenbekundungsverfahren Hafermarkt“ haben wir geschrieben, dass sich das Auswahlverfahren als „absurd und intransparent entpuppt hat“. Darauf wollen wir in diesem Text nochmal genauer eingehen und dies ausführlicher begründen.

Fangen wir ganz von vorne an: 

In der öffentlichen Ausschreibung des sogenannten Interessenbekundungsverfahrens „Hafermarkt“ waren drei Auswahlkriterien, nach denen die Bewerbungen in einem Auswahlverfahren bewertet werden, aufgelistet. 

Die Gewichtung wurde folgendermaßen aufgeteilt: 

– Kompetenz einen laufenden Kulturbetrieb zu halten (40%) 

– Ideen und Ziele des Projektes (50%)

– Bezug zu Flensburg (10%). 

All diese Auswahlkriterien legten großen Wert auf Kultur und den Erhalt einer kulturellen Begegnungsstätte. Daher formulierten wir auf Grundlage dieser Kriterien unsere Bewerbung und gingen davon aus, dass die Bewerbungen anschließend bewertet und zugunsten des überzeugenderen Projekts entschieden werden würde. Wie der Entscheidungsprozess ablaufen sollte, also wer bestimmt, welcher Verein die Ausschreibung gewinnt, war zu diesem Zeitpunkt noch völlig unklar, da die Ausschreibung keine Informationen darüber enthielt, wer oder wie darüber entschieden wird.

Kurz bevor uns eigentlich die Entscheidung mitgeteilt werden sollte, nahm ein Mitglied des Finanzausschusses Kontakt zu uns auf. Erst dann erfuhren wir, wie das Entscheidungsverfahren eigentlich abläuft:

Die Stadtverwaltung, an die wir unsere Bewerbung geschickt haben, gibt lediglich eine Empfehlung ab und anschließend wird die finale Entscheidung im Finanzausschuss der Stadt Flensburg getroffen, da es sich um eine sogenannte „Liegenschaften Angelegenheit“ handelt. 

Selbst diese Person aus dem Finanzausschuss zeigte sich irritiert über die Entscheidungsfindung, die diesem Ausschuss aufgetragen wurde, und suchte daraufhin den persönlichen Kontakt. Auch in diesem Gespräch ging es vorrangig um die Sanierungs- und Finanzierungskonzepte und darum, ob bei einer Entscheidung zugunsten einer Hauspartei Menschen ihren Wohnort verlieren würden – dies könne sie nicht mit gutem Gewissen einfach so entscheiden; auch das war ein Grund, warum die Entscheidung immer wieder vertagt wurde.

Nun drängt sich uns das Bild auf, dass das Entscheidungsverfahren gar nicht mit Hilfe der usrprünglichen Auswahlkriterien getroffen wurde, sondern das hier nach persönlichen Empfindungen und eben aus der Sicht eines Finanzauschusses entschieden wurde.

Also entscheidet plötzlich ein Finanzausschuss, der sich normalerweise nicht mit Kulturprojekten beschäftigt, auf einmal über ein Kulturprojekt – wie absurd ist das bitte? 

In der Ausschreibung für die Bewerbung wurde keinerlei Finanzierungskonzept gefordert und dann entscheidet auf einmal der Finanzausschuss. Es ist ja nicht so als würde es genug andere Ausschüsse geben, die viel passender wären und sich wirklich für Kultur interessieren – zum Beispiel der Kulturausschuss!

Der Verkauf der Häuser erfolgte lediglich für einen symbolischen Euro, also nicht aus finanziellen Gründen. Daher ist es für uns unverständlich, warum der Finanzausschuss in dem Verfahren nicht lediglich eine beratende oder unterschreibende Rolle innehatte.

Schlussfolgernd hätte die Entscheidung mindestens durch weitere Ausschüsse gehen müssen und nicht ausschließlich durch den Finanzausschuss.         

Entscheidung unter Ausschluss der Öffentlichkeit 

Zudem hat der Finanzausschuss die Entscheidung und Diskussion in den nicht öffentlichen Teil der Sitzung gelegt. Das heißt es gab für uns keine Chance mitzubekommen, wie diese Entscheidung getroffen wurde, da in der Sitzung keine Zuschauer*innen sein durften.  Auch die Protokolle der Sitzung sind nicht öffentlich zugänglich. 

Sieht so ein demokratischer, bürger*innennaher Entscheidungsprozess von gewählten Politiker*innen aus? Bei dem Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg hinter verschlossenen Türen getroffen werden?!

Entscheidungen müssen transparent und nachvollziebar sein

Und als würde das nicht schon an Intransparenz reichen, geht es auch nachdem die Entscheidung getroffen wurde mit intransparenter und schlechter Kommunikation weiter. 

Alles, was wir bis jetzt von der Stadt bekommen haben, ist eine Mail, in der uns mitgeteilt wird, dass sich in dem Auswahlverfahren für eine andere Bewerbung entschieden wurde und sie uns leider keinen Erbpachtvertrag anbieten können. 

Es wurden weder eine Begründung für die Absage kommuniziert, noch wurde eine Perspektive aufgezeigt, wie es jetzt für die FLINTA* WG und dem AZ Hafermarkt weitergehen kann.

Es bleiben offene Fragen:

Seit dem die Entscheidung der Stadt öffentlich gemacht wurde stellt sich uns nun erst recht die Frage, wie die Empfehlung der Verwaltung und wie die Abstimmung im Finanzausschuss ausgefallen ist. 

Dass allein die Abstimmung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, sollte nicht bedeuten,den gesamten Entscheidungsprozess einer öffentlichen Ausschreibung zu verschleiern und zum Teil nicht nachvollziehbare Vorgänge zu rechtfertigen.

Wie wird es nun weiter gehen?

Wir wollen konkret eine Perspektive aufgezeigt bekommen. Vor allem für den Kulturort AZ Hafermarkt als auch für die Bewohnenden der FLINTA* WG, da die Wohnsituation als auch das stattfinden des kulturellen Angebots unter den aktuellen Umständen massiv gefährdet ist.

In vorherigen Gesprächen wurde von seiten der Stadt auch ein Ersatz- bzw. ein Ausweichobjekt in Aussicht gestellt. Dazu brauchen wir konkrete Vorschläge und ein schnelles Handeln.

Schutz von Kultur und der Bewohner*innen im Vorderhaus

Wir brauchen ein Ersatzobjekt, aber bis dahin braucht es eine Übergangslösung.

Der Verein Kultur und Sozial Hafermarkt e.V. hatte den Bewohner*innen des Hinterhauses ein Bleiberecht und somit einen sicheren Wohnort zugesichtert. 

Andersherum hat der black pig e.V. von Anfang an deutlich gemacht, dass von seiner Seite nur „Einzelmietverträge mit Probewohnen“ für die Bewohner*innen im Vorderhaus zur Verfügung stehen. Was der black pig e.V. damit gut verschleiern konnte war, das es ihm nicht darum geht, das die Bewohner*innen der FLINTA* WG sicher bleiben können. 

Im Gegenteil machten Mitglieder vom black pig. e.V. – vor allem nachdem sie das Bewerbungsverfahren gewonnen haben – sehr deutlich, was ihr Anliegen ist und auch schon immer war: Das AZ Hafermarkt und die FLINTA* WG sollen verschwinden bzw. geräumt werden.

Was wir konkret fordern:

  • Wir fordern die Stadtverwaltung dazu auf, das Verfahren mit allen Entscheidungsprozessen für uns und allen anderen Bewohner*innen der Stadt Flensburg transparent zu machen. Solche Entscheidungen sollten nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt finden. 
  • Eine schnelle Zusage für ein Ersatzobjekt, welches uns zeitnah zur Verfügung steht, damit der Konflikt nicht weiter eskaliert und damit der FLINTA* WG, dem AZ Hafermarkt und seinen Besucher*innen als auch den aktiven Kulturschaffenenden, die diesen Ort genutzt haben, eine Perspektive aufgezeigt wird. 
  • Die Stadt Flensburg soll die Entscheidung rückgängig machen und das Entscheidungsverfahren wiederholen, transparent & fair, begründet auf den Entscheidungskritierien, die uns mitgeteilt wurden (siehe oben).