Statement der Flinta* WG zur anhaltenden Gewalt durch Hinterhaus Bewohner*innen und Supporter*innen
Schon seit Gründung des AZ Hafermarkts wohnt über dem Autonomen Zentrum eine FLINTA* WG – FLINTA* ist die Abkürzung für Frauen, Lesben, inter, nicht binäre, trans und agender Menschen, also für Menschen, die unter dem Patriarchat besonders leiden. Seit nun schon fast zwei Jahren wohnen wir in wechselnden Konstellationen im Vorderhaus des Hafermarkts und versuchen für uns einen Freiraum zu schaffen, in dem wir jenseits von patriarchalen Machtstrukturen unser Zusammenleben gestalten können. Durch (Diskriminierungs-)Erfahrungen, die wir alle in unserer patriarchial und transfeindlich geprägten Gesellschaft und auch in linken Zusammenhängen gemacht haben, ist uns klar, dass es keine safe spaces (sichere Räume) gibt – doch das Wohnen im Hafermarkt und unsere alleinige Existenz als Flinta* WG, hat uns klar gemacht, dass wir auch keine Sicherheit im eigenen Zuhause zu erwarten haben.
Die Wohnsituation war für uns schon immer schwierig und Angriffe auf unser Zuhause gehörten (leider!) schon fast zu unserem Alltag dazu, das reichte von Menschen, die versuchten unsere Haustür einzutreten bis hin zu einem Buttersäureangriff auf unsere Tür und einem Einbruch, bei dem Technik entwendet wurde und seit dem der Ausgang zum Garten verbarrikadiert ist. Aber seit der Entscheidung der Stadt im sogenannten Interessenbekundungsverfahren Hafermarkt, in dem der Verein des Hinterhauses (black pig Hafermarkt e.V.) den Zuschlag für beide Häuser bekommen hat, hat sich die Bedrohungslage nochmal massiv verschärft.
Neben der Ungewissheit, wie es mit unserem Zuhause weitergeht, gibt es seit der Entscheidung konstante Stimmungsmache gegen uns, als Flinta* WG, und das AZ Hafermarkt sowie Androhungen, uns eigenhändig zu räumen. „Ihr werdet heute geräumt“, „Raus mit euch“, „Scheiß AZ“ – solche Pöbeleien kommen von Bewohner*innen und Supporter*innen des Hinterhauses regelmäßig. Aber leider ist es nicht bei solchen im Vergleich relativ harmlosen Pöbeleien geblieben: Auch ganz konkrete Pläne, um ins Haus einzubrechen werden geschmiedet. So konnten wir Dialoge zwischen Hinterhausbewohner*innen hören, in denen Aussagen fielen wie „Ich bin gespannt, ob wir da reinkommen“ – „Ja genau, wir räumen den Kram da weg und gucken, ob wir da reinkommen“ oder „Hier kommen wir nicht rein“ und anschließendes, mehrere Minuten langes Rütteln an der Tür. Zuletzt wurde vom Hinterhaus Umfeld geplant, vom Garten aus in das Haus einzudringen. Zitat: „Scheiß mal darauf, wir können das durch den Garten machen, wir würden da rein kommen. Und wir kommen da rein!“
Der Höhepunkt dieser Einbruchsversuche war der Versuch mit schwerem Werkzeug (wahrscheinlich einer Flex oder einem Schweißgerät) Riegel, von einer Tür ins Haus, zu entfernen (siehe Foto und zum Vergleich ein Foto, wie die Riegel eigentlich aussahen). Zum Glück ist es bisher „nur“ bei einem Versuch geblieben und es wurde nicht geschafft in unser Haus einzubrechen. Trotzdem zeigt das nochmal sehr deutlich, zu was Hinterhausbewohner*innen und ihr Umfeld bereit sind und wie wenig sie unseren Wohnraum respektieren.
Die Tür nach dem Einbruchsversuch
Zum Vergleich, wie die Riegel an der Tür eigentlich aussahen
Als wäre das alles nicht schon genug, geht diese konstante Bedrohungslage aber auch außerhalb unseres Zuhauses weiter: Einige von uns sind Anfeindungen und Schikane durch Hinterhaus Bewohner*innen auf offener Straße ausgesetzt. In einer respektlosen Wortwahl wurde gefragt „wie‘s denn auf der Verliererdemo war“ (damit gemeint war die Kundgebung für den Erhalt des AZ Hafermarkts am 02.05. vorm Rathaus.)
All diese Schikane, Drohungen und Einbruchsversuche gehen natürlich nicht spurlos an uns vorbei. Unser Zuhause sollte eigentlich ein Ort sein, an dem wir zur Ruhe kommen können und uns sicher fühlen – doch seit der Entscheidung ist so ziemlich das Gegenteil der Fall. Wir befinden uns im konstanten Dauerstress und in anhaltender Alarmbereitschaft, Entspannung ist so zuhause nicht mehr möglich. Hinzu kommt noch die Angst, dass früher oder später in unser Zuhause eingebrochen wird. Wir alle schrecken mittlerweile bei kleinsten Geräuschen hoch, haben vermehrt Alpträume, wie in unser Zuhause eingebrochen wird, oder haben Angst nicht sofort auf Einbruchsversuche reagieren zu können, wenn wir alltägliche Dinge machen, wie zum Beispiel Duschen oder Einkaufen. Nicht einschlafen zu wollen und nicht guten Gewissens das Haus verlassen zu können, halten den Stresspegel zusätzlich hoch. Aus diesen Gründen haben Viele von uns mittlerweile mit ernsthafteren psychischen und körperlichen Problemen zu kämpfen, wie Schlafstörungen oder massiven stressbedingten Gewichtsverlust.
Doch warum schreiben wir das so ausführlich?
Wir schreiben das, um transparent zu machen, was seit Wochen unser Alltag ist! Es geht uns nicht darum, Mitleid zu erzeugen – ganz im Gegenteil wir schreiben das in dem Wissen, dass wir wahrscheinlich massives Gaslighting und Täter-Opfer-Umkehr erfahren werden.
Aber wir werden nicht länger schweigen und diese (psychische) Gewalt hinnehmen! Diese Gewalt ist zutiefst patriarchal und wird fast ausschließlich von cis Männern aus dem Hinterhaus und Umfeld genutzt um gegen FLINTA*s vorzugehen. Mit ihrer Entscheidung für das Hinterhaus hat die Stadt Flensburg diese Gewalt massiv und wissentlich gefördert!
Deswegen fordern wir von der Stadt, die Entscheidung für das Hinterhaus umgehend zurückzunehmen oder uns und dem AZ Hafermarkt ein angemessenes Vergleichsobjekt anzubieten!